Der gestiefelte Kater und himmelweit
Wenn schöne Töne schöne Sprache treffen
Klassische Musik zu alten und neuen Märchen bei See-Igel
Die Edition See-Igel bleibt auf Preis- Sammel-Spur: 2011 erhielt sie u.a. drei Mal die Leopold-Empfehlung „Gute Musik für Kinder“ vom Verband deutscher Musikschulen. Was nicht verwundert, bereichert doch immer wieder Neues auf gewohnt hohem Niveau die Reihe jener klassische Musik und Sprache verbindenden CD-Produktionen. Wie die Neuerscheinungen des zu Ende gehenden Jahres – „Der gestiefelte Kater“ und „himmelweit“.
Erstere erzählt das Märchen, bei dem wohl die meisten an die Grimms denken, in der Fassung, wie sie der gut 150 Jahre vor den Brüdern wirkende Charles Perrault kannte. Ulrich Noethen ist der Erzähler. Mit einer Spur Understatement im Gestus weiß der Schauspieler doch die Figuren ganz wunderbar zu differenzieren, zu charakterisieren, die Höhepunkte des Geschehens herauszuarbeiten.
Zum Märchen ist Musik für Klarinette, Cello und Klavier von Beethoven, Bondioli, Debussy, Fauré, Glinka und Offenbach versammelt. Mal scheinen die kurzen Stücke Atmosphäre aufzu- nehmen, mal die Geschichte fortzuspinnen, mal einzelne Figuren darzustellen. So runden sich wunderbare sechzig Minuten – klassisch erzählt, klassisch musiziert, ganz ohne pseudokindliches Brimborium, immer auf Augenhöhe mit kleinen und größeren Hörern ab fünf.
Nach dem alten ein neues Märchen: „himmelweit“ ist eine Geschichte der See-Igel-Chefin Ute Kleeberg. Sie erzählt von Florin, einem Jungen der fliegen kann. Von seinen Ausflügen bringt er wundersame Geschichten mit, die er den Daheimgebliebenen erzählt. Für die ist das jedes Mal ein großes Fest. Bis Florin eines Tages nicht heimkehrt. Weit weg von zu Hause hat man ihn seiner Flügel beraubt …
Natürlich geht die Geschichte gut aus, denn mögen andere auch noch so neidisch oder misstrauisch sein: Es wird immer Menschen geben, die fliegen können. Christian Brückner erzählt das so einfühlsam wie fesselnd. Die Musik ist hier nicht für Kammerbesetzung, sondern – eine Neuheit – stößt in sinfonische Dimensionen vor: „himmelweit“ ist der Mitschnitt eines Konzert-Projektes des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg; für die Geschichte ausgewählt wurden Ausschnitte aus Hans-Werner Henzes „Fünf Botschaften für die Königin von Saba“ und Strawinskys „Feuervogel“. In der Kombination Wort-Musik erreicht das punktuell durchaus dramatische Momente, so dass man die Altersangabe „ab dem Grundschulalter“ ernst nehmen sollte. Wer schon abenteuertauglich ist, wird seine Freude haben, denn auch hier kann man wieder nur sagen: Sehr passend, sehr stimmig, sehr schön. Sybille Graf
Dresdner Neueste Nachrichten Montag 12. Dezember 2011